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Umweltgeschichten


Nach Monika und Max der dritte intercom-Gastauftritt in der Vorlesung „Wissenschaft im 20. Jahrhundert“: Zum Abschluss des Semesters war Nils mit dem Thema „Umwelt“ an der Reihe. Genauer ging es um die Frage, wie man eine Geschichte von Umwelt im 20. Jahrhundert aus Perspektive der Wissenschaften eigentlich schreiben kann.

Am Anfang ging’s noch beschaulich zu: der Basler Naturforscher Paul Sarasin (rechts), prĂ€gende Figur des „Weltnaturschutzes“ – hier im Schweizer Nationalpark

Als eine Ideengeschichte? 
 Womit dann zwanglĂ€ufig die berĂŒhmten Vordenker_innen der Ökologie, etwa Ernst Haeckel und Jakob von UexkĂŒll, Rachel Carson, der Club of Rome und Paul Ehrlich, oder Garret Hardin und James Lovelock in den Blick geraten wĂŒrden. Als eine Geschichte des Aktivismus und des Umweltbewußtseins, die irgendwo zwischen Barry Commoner, Stuart Brand und Greta Thunberg angesiedelt wĂ€re? Oder mĂŒsste man nicht vielmehr auf die „Gegenseite“ schauen? Etwa auf den „militĂ€risch-industriellen Komplexes“, wo NASA und NATO, wie wir inzwischen wissen, seit den siebziger Jahren eigene ökologische Forschungsprogramme auf die Beine stellten. Oder handelt es sich beim „Umweltwissen“ gar um eine Geschichte der politischen Restauration, die vage zwischen der Heimatbewegung und der ökologischen Rechten rund um Konrad Lorenz angesiedelt wĂ€re?

imminent global disaster, anno 1973

Es ist also mal wieder kompliziert. In der Vorlesung plĂ€dierte Nils deshalb fĂŒr einen Maßstabswechsel – fĂŒr eine Geschichtsschreibung von Umwelt „auf mittlerer Flughöhe“ –, um die KomplexitĂ€t des Themas analytisch in den Griff zu bekommen. Das wĂ€re eine Geschichte, die sich jenseits der großen ErzĂ€hlungen bewegen wĂŒrde und stattdessen nĂ€her an den Orten bliebe, an denen „Umweltwissen“ im 20. Jahrhundert vor allem verhandelt wurde: den technischen Umwelten. Dabei geraten schnell die großen Infrastrukturprojekte in den Blick, die Eisenbahntrassen und Autobahnen, StaudĂ€mme, FlughĂ€fen – von Kloten bis zur Startbahn West – und stĂ€dtische Versorungsprojekte. Dies war dann auch die zentrale These der Vorlesung: die Geschichte der Umweltwissenschaften im 20. Jahrhundert war im Kern eine Geschichte der Infrastrukturwissenschaften.

Eines der ikonischen Bilder der Startbahn West-Proteste am Frankfurter Flughafen, geschossen von der Fotografin Barbara Klemm (FAZ)